Neuer Zeitschriftenaufsatz von Helmreich, B. & Rommel, S. (2020)

Dezentrale Behandlung von Straßenabflüssen im urbanen Raum – wohin geht die Reise?

Bereits bei der Bebauungsplanung wird oftmals wenig Platz für die Infrastruktur vorgesehen, speziell für Straßen und insbesondere für ihre ortsnahe Entwässerung. Sind Straßenabflüsse stofflich belastet, müssen sie vor dem Einleiten in das Grundwasser oder in Oberflächengewässer behandelt werden. Eine Möglichkeit zur Vorbehandlung ist die Versickerung über Mulden, die nicht nur die Funktion der ortsnahen Entwässerung übernehmen, sondern auch durch ihre belebte Oberbodenschicht Schadstoffe zurückhalten. Jedoch stehen aufgrund der Verdichtung im urbanen Raum immer weniger Flächen für den Bau von Versickerungsmulden zur Verfügung, der Bedarf an platzsparenden dezentralen Behandlungsanlagen steigt daher. Welche Leistung solche dezentralen Behandlungsanlagen erbringen müssen, ist in Deutschland nicht rechtsverbindlich vorgegeben, jedoch gibt es Regelungen einzelner Bundesländer. Untersuchungen der Funktionsfähigkeit von dezentralen Behandlungsanlagen beschränken sich im Wesentlichen auf Laborversuche, die den Einfluss von klimatischen und standortspezifischen Faktoren wie Starkregenereignisse, Polleneinfluss, erhöhter Grobstoffanfall, Winterdienst und Straßenreinigung nur bedingt abbilden; der Praxisbetrieb ist wenig untersucht. Ob Betrieb und Unterhalt dezentraler Anlagen vom Betreiber sowohl logistisch als auch finanziell zu leisten sind, ist offen. Nachdem aber die Wirksamkeit dezentraler Anlagen wesentlich durch Betrieb und Unterhalt gesteuert wird, liegen Praxiserfahrungen auch im wasserwirtschaftlichen Interesse. Aus diesem Grund wird ein vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) finanziertes Forschungsvorhaben mit unabhängigen praxisorientierten Untersuchungen an drei verschiedenen dezentralen Behandlungsanlagen mit Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBT) an einer stark befahrenen Straße in München durchgeführt. Ebenso wird an dem Standort eine weitere dezentrale Behandlungsanlage der Landeshauptstadt München im Praxisbetrieb erprobt. In dem Zusammenhang findet auch ein Monitoring der Schadstoffe der Straßenabflüsse statt. Insbesondere die Analyse der feinpartikulären Stoffe AFS63 ist wichtig, da deren Wirkungsgrad zukünftig Grundlage für Anforderungen an die dezentrale Niederschlagswasserbehandlung vor der Versickerung über unterirdische Versickerungsanlagen in den deutschen Regelwerken werden könnte.